Außenwerbung muss schnell ein gemeinsames, anbieterübergreifendes Verständnis zur Implementierung von KI-Lösungen entwickeln. Sonst droht die Branche im intermedialen Wettbewerb zurückzufallen, meint It Works-CEO Bernd Rabsahl in seinem Gastbeitrag bei HORIZONT Online.
Außenwerbung kommt in Sachen KI voran: McDonald’s und Burger King battlen sich mithilfe von ChatGPT, die Schweizer FDP setzt im Wahlkampf auf KI generierte Motive, auch Kreationstests funktionieren schon jetzt mithilfe von KI. Wir haben erste Cases. Doch im internationalen intermedialen Vergleich liegen wir hinten, spätestens seitdem Google und Facebook (ausgewählten) Kunden schon die gesamte Werbekaskade per KI anbieten – von der Motiverstellung über die Planung und Schaltung bis zur Evaluierung. Das wird das Kräfteverhältnis im Werbemarkt, so ist zu befürchten, weiter verschieben. Schon jetzt verzeichnen die US-Multis wieder steigende Werbeumsätze.
KI wirkt wie ein zusätzlicher Booster, weil Tools wie Googles Performance Max mit einer leichten Handhabung auch den zahlreichen KMUs den Einstieg in die Werbung ermöglichen beziehungsweise das Handling erleichtern. Und weil sie, Alphabet und Meta, mit ihren Walled Gardens quasi eine Monopolstellung haben, auf Markt-Usancen und –Standards keine Rücksicht nehmen brauchen. In Summe wirkt das selbstverstärkend.
Damit steigt der Handlungsdruck auf alle weiteren Werbeträger – auch auf die Außenwerbung. Gut: Wir bringen die grundsätzlichen strukturellen Voraussetzungen mit, von der technologischen Entwicklung zu profitieren. Außenwerbung ist im Aufwind: Als einzige große Mediengattung verzeichnen wir aktuell laut Nielsen nennenswerte Zuwächse (plus 6 Prozent). Wesentlich, weil Außenwerbung immer mehr Flächen digitalisiert, immer mehr Kampagnen programmatisch ausspielt und die Wechselwirkungen mit anderen Medien, insbesondere Mobile, nutzt. Damit decken wir den gesamten Public-Media-Sektor ab.
Schlecht: Wir neigen dazu, uns zu verzetteln. Der lange Weg zu einer einheitlichen Währung ist ein Beispiel dafür: Der IDOOH-Vorgänger DMI hat die „Private & Public Screens“-Studie entwickelt, Ströer ist mit einer eigenen Reichweitenwährung am Markt. Media Frankfurt, der Werbevermarkter des Flughafen Frankfurt, launchte vor knapp zwei Jahren mit JCDecaux die neue Airport-Währung Airport Audience Measurement (AAM), und aus der MA Plakat wurde die MA Out of Home. Vielfalt im Markt ist für unsere Kunden wünschenswert. Auf Gattungsebene ist sie Gift, weil die Harmonisierung der unterschiedlichen Ansätze Zeit kostet und wir im intermedialen Wettbewerb zurückfallen. Das kostet dann Werbegeld.
Es ist im Interesse der gesamten Branche zu hoffen, dass wir diesen Fehler mit der Implementierung von KI-Lösungen nicht machen. Diese neue gigantische Herausforderung können wir nur gemeinsam meistern. Sonst entstehen Doppelstrukturen und Einzellösungen und damit Zeitverluste. Die aktuelle technologische Entwicklung in unserem Segment gibt dabei Anlass zu Optimismus: Im Programmatic-Bereich haben mit den DSPs und den SSPs neue Layer die Verwertungskette ergänzt. Plattformen, die von allen in der Branche genutzt werden können. Eine solche technologisch agnostische Offenheit hat uns im Werbemarkt einen kräftigen Schub gegeben.
Sie wäre auch beim Thema KI wünschenswert. Angefangen bei Predictive-Analysen über Konsumenten-Bewegungen, Kreativlösungen mit entsprechend vorausgelagerten Tests bis zu komplett KI basierten programmatischen Schaltungen und Abrechnungen. Hier brauchen wir schnell eine Interoperabilität, also eine rasche Verständigung über technische Normen.
Das zu fordern, ist zweifellos um ein vielfaches einfacher als es umzusetzen. Aber es ist hoffentlich ein Gedankenanstoß, ein erster Schritt zu einer gemeinsamen KI-Agenda 2024. Weniger als eine blumige Vision, sondern vielmehr als einen gemeinsamen strategischen Ansatz, wie wir das Thema KI strukturiert angehen und vor allem auch implementieren wollen. Sonst rollt noch mehr Werbegeld Richtung Meta und Google.